Nach den erfolgreichen Evaluierungsworkshops im Sommer dieses Jahres wurde die VR-Lackierwerkstatt in den letzten Wochen im finalen Einsatzgebiet in den Bildungsstätten der Mercedes-Benz Ludwigsfelde GmbH sowie im Bildungszentrum TraCK Düren der Handwerkskammer Aachen getestet. Dabei wurden alle drei Komponenten des Lernsystems – Autorenwerkzeug, VR-Lackierwerkstatt und Reflexionsanwendung sowie die entwickelten Begleitmaterialien – auf ihre Praktikabilität im bestehenden Bildungsarbeitsalltag geprüft und letzte Optimierungspotenziale erfasst.
Bei der Mercedes-Benz Ludwigsfelde GmbH wurde eine Pilotwoche vom 25. bis zum 28. Oktober 2021 durchgeführt. Daran waren vier Auszubildende aus dem ersten Lehrjahr beteiligt, die noch sehr wenig Praxiserfahrungen im Bereich Lackieren mitbrachten und auch im Vorfeld keine Berührungspunkte mit Lackieren in VR hatten.
Am ersten Tag wurde insbesondere das Autorenwerkzeug von dem Ausbildungsmeister getestet. Nach einer kurzen Einführung bereitete er eine Lernaufgabe vor, die am zweiten Tag in den Ausbildungsbetrieb integriert wurde. So konnten die Auszubildenden die Aufgabenstellung der VR-Lackierwerkstatt selbstgesteuert bearbeiten und die Ergebnisse mithilfe der Reflexionsanwendung mit dem Ausbildungsmeister nachbesprechen. Nachdem sie die VR-Anwendung benutzt hatten, wurden die Auszubildenden gebeten, Stimmungskarten auszufüllen, um die Lernerfahrung zu beurteilen sowie Feedback und Verbesserungswünsche aufzuschreiben. Dieses Vorgehen wurde an den beiden darauffolgenden Tagen mit weiteren selbst erstellten Lernaufgaben der VR-Lackierwerkstatt wiederholt. Zum Abschluss der Pilotphasen wurden alle beteiligten Personen des Praxispartners interviewt, um die Einsatzmöglichkeiten der VR-Lackierwerkstatt auf Grundlage der vorher gesammelten Erfahrungen zu validieren.
Zur Erweiterung des Anwendungskontexts wurde der Praxistest in den Werkstätten im TraCK Düren am 11. und 15. November in einem reduzierten Format durchgeführt. In diesem Fall wurde die VR-Lackierwerkstatt im Rahmen der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung mit einer Lehrgangsgruppe aus dem dritten Ausbildungsjahr getestet. Auch hier wurde am ersten Tag gemeinsam mit dem Ausbildungsmeister eine Lernaufgabe mit dem Autorenwerkzeug vorbereitet, die dann am zweiten Testtag von den Auszubildenden bearbeitet wurde. Dabei wurden die Testpersonen zur Nutzung der drei Module der VR-Lackierwerkstatt interviewt. Neben Feedback und Verbesserungsvorschlägen wurden Aspekte zu den Einsatzbedingungen und zur Heranführung der Auszubildenden im Rahmen der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung diskutiert und aufgenommen. Die Gruppe der Auszubildenden war bereits fortgeschritten in der Lackierpraxis und brachte ebenso Erfahrungen im VR-Lackieren mit. Entsprechend konnte das Feedback aus einem anderen Blickwinkel eingeholt werden.
An beiden Testorten haben die Auszubildenden die VR-Lackierwerkstatt sehr positiv aufgenommen. Insbesondere für das erste Lehrjahr bietet sie die Möglichkeit, erste Lackiererfahrungen in VR zu sammeln, bevor in der Praxis lackiert wird. Dabei unterstützt die Abstandshilfe bei der kontinuierlichen Einhaltung des korrekten Abstands, was insbesondere Unerfahrenen oft schwerfällt. Auch die schematische Ansicht der Schichtdicke als direktes Feedback zum Farbauftrag wurde sehr positiv aufgenommen. Für fortgeschrittene Auszubildende bietet sie die Möglichkeit, mithilfe der Interaktionen und unterstützenden Informationen Wissen aufzufrischen und Trockenübungen durchzuführen. Die Testpersonen kamen sehr gut mit der Anwendung zurecht, auch wenn das Teleportieren im virtuellen Raum am Anfang nicht immer intuitiv war. Dies verbesserte sich bei wiederholter Nutzung der VR-Lackierwerkstatt.
Kritisch wurde erneut die Kabelgebundenheit der VR-Brille von den Testpersonen erwähnt. Ebenso wurden Schwierigkeiten bei der Erkennung der Läufer auf dem Werkstück erwähnt, die im Zusammenhang mit der verwendeten Hardware stehen. Ebenso wurde als Verbesserungsvorschlag eine verfeinerte Auswertung einzelner Farbparameter eingebracht.
Auch wenn die beiden Testgruppen in Ludwigsfelde und Düren unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen mitbrachten, zeigen die Ergebnisse der Workshops deutliche Stärken für den Einsatz der VR-Lackierwerkstatt auf. Auch die Plausibilitätsprüfung für den zukünftigen Praxiseinsatz brachte ein positives Ergebnis hervor und bestätigt die hohe Qualität der knapp dreijährigen Entwicklungs- und Forschungsarbeit des Projektteams. Auf Grundlage der letzten Praxistests werden nun die letzten Änderungen im Lernsystem umgesetzt, bevor es Anfang 2022 unter einer Open-Source-Lizenz sowie als Open Educational Resource (OER) veröffentlicht wird.
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