Zum Start des zweiten Projektjahres nimmt das Lernsystem der VR-Lackierwerkstatt Gestalt an. Die beiden parallelen Arbeitsstränge des ersten Projektjahres – die Entwicklung des didaktischen Konzeptes und die Programmierung der VR-Anwendung werden zunehmend zusammengefügt. Damit sind die Grundlagen zur Erreichung des ersten Projektmeilensteins gesetzt. Zur Festigung dieser Grundlagen hat das Projektteam am 10. Februar 2020 einen Validierungsworkshop durchgeführt. Der Workshop fand in einem kleinen Kreis mit sieben Dozierenden verschiedener Berufsbildungszentren aus dem Fachbereich Fahrzeuglackierer/in in den Räumlichkeiten des Learning Labs am Campus Essen statt.
Die Dozierenden brachten unterschiedliche Erfahrungen zum Einsatz von VR-Technologien in der beruflichen Aus- und Weiterbildung mit: Die meisten haben bereits Anwendungen getestet und befinden sich noch in der Planungs- bzw. Anschaffungsphase. Andere wiederrum haben ein VR-Lackiersystem bereits im Einsatz. Damit waren die Voraussetzungen für einen anregenden und informativen Austausch gegeben.
Die VR-Lackierwerkstatt auf dem Prüfstand
Ziel der Veranstaltung war die Validierung des aktuellen Prototyps der VR-Lackierwerkstatt mit Fokus auf dem didaktischen Konzept. Die Dozierenden erhielten eine erste Lernaufgabe, die nach dem 4C/ID Model in der VR-Anwendung aufbereitet wurde. Die Lernaufgabe konnten sie explorativ unter Verwendung einer VR-Brille bearbeiten und anschließend anhand eines Fragebogens und Beobachtungen anderer Dozierenden bei der Nutzung der VR-Lackierwerkstatt evaluieren.
Erste Ergebnisse der Validierung wurden in einer Fokusgruppe vertiefend diskutiert. Inhaltlich thematisierte die Testgruppe u.a. den Lackiervorgang in seiner Gesamtheit. Wie bei den Experteninterview am BBZ Arnsberg betonten die Dozierenden erneut, dass ein wesentlicher Punkt beim Erlernen des Lackierens das Anmischen der Farbe ist.
Ein weiteres Thema der Fokusgruppe war die Wahrnehmung und Handhabung der VR-Anwendung. So empfanden die Teilnehmenden beispielsweise die Möglichkeiten zur Orientierung und Fortbewegung innerhalb des virtuellen Raumes unterschiedlich. Einige hatten Schwierigkeit ihre Position im virtuellen Raum zu bestimmen oder die Position mittels Teleportation zu verändern. Hier wird deutlich, dass sich die Nutzererwartungen an Virtual Reality Technologien individuell stark unterscheiden können und dass Gewöhnungsphasen einen großen Stellenwert haben. Ergänzend dazu regten die Teilnehmenden eine visuell unaufdringliche Abgrenzung im virtuellen Raum oder die Einblendung der realen Welt im VR-Screen als Assistenz für die Nutzer an. Hinzu kommt, dass der Nutzer durch die Verwendung von Kopfhörern stark von der Außenwelt abgeschirmt sind. Dadurch kann die Kommunikation zwischen Lehrenden und Auszubildenden zwischen der realen und virtuellen Welt herausfordernd sein. Eine Lösung hierfür wäre die Einrichtung einer technischen Kommunikationsmöglichkeit von außen.
Konzeptionelle Ideen zum Autorentool
Abgerundet wurde der Workshop durch einen Austausch zum Autorentool. Dort werden die Dozierenden eine konkrete Lernaufgabe für die VR-Anwendung erstellen. Einleitend dazu wurde besprochen, ob bei der Verwendung eines VR-Lernszenarios eher fremd- oder selbstbestimmtes Lernen im Vordergrund stehen sollte. Die Gruppe der Dozierenden war sich einig, dass ein fremdbestimmter Ansatz in der Eingewöhnungsphase bzw. im Grundkurs erstrebenswert ist und danach selbstbestimmtes Lernen an Bedeutung gewinnt. In diesem Sinne bieten VR-Lernszenarien einen großen Freiraum. So können Auszubildende beispielsweise im virtuellen Raum risikofrei Grenzen ausloten oder Projekte selbstständig durchführen. Selbstimmtes Lernen reduziert außerdem den Betreuungsaufwand bei großen Gruppen und kann Wartezeiten überbrücken.
Im Zuge der Diskussion zeigten sich unterschiedliche Herangehensweisen der Bildungseinrichtungen bei der Einbindung von VR-Anwendungen in den Unterricht. Beispielweise verwendet in einem Szenario ein Auszubildender das VR-System im Unterricht und die Gruppe beobachtet seine Lackierhandlung. Oder in einem anderen Einsatzszenario arbeiten Zweiergruppen in einem VR-System zusammen und coachen sich gegenseitig. Die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten müssen im Laufe des Projektes vertiefend beleuchtet werden.
Für die Entwicklung des Autorentools bedeutet dies, dass neben einer intuitiven Bedienbarkeit unterschiedliche Anforderungen erfüllt sein müssen. Eine hohe Flexibilität bei der Erstellung von Lernaufgaben ist somit unerlässlich. Dies schließt u.a. einen Pool an Aufgaben mit bereits hinterlegten Parametern ein, welche dann wiederrum modifizierbar sein müssen. Für eine individualisierte Begleitung im Unterricht müssen Aufgaben einzelnen Auszubildenden oder auch Gruppen zugeordnet werden können. Ebenso formulierten die Dozierenden verschiedene Anforderungen für ein Auswertungsprotokoll, welches im Optimalfall u.a. ein Lernprofil inkl. Erfolgskurve für den gesamten Ausbildungszeitraum abbilden sollte. Ein solches Protokoll könnte ebenfalls durch Gamification-Elemente, wie die Verwendung von Leveln angereichert werden und auf die Auszubildenden motivierend wirken. Erstrebenswert wäre dabei die Entwicklung eines Gesamtprofils, welches auch von den Ausbildungsbetrieben eingesehen werden könnte. Letzteres stellt eine große Herausforderung sowohl an den Datenschutz als auch an die systemische Infrastruktur dar.
HandLeVR zieht ein Resümee
Der Workshop mit den Dozierenden hat zu einem erkenntnisreichen Austausch zwischen den Projektbeteiligten und Praxisanwendern geführt. Insgesamt zeigt sich, dass die Konzeption und Entwicklung der VR-Lackierwerkstatt auf einem guten Weg ist und den Erwartungen aus der Praxis entspricht.
Durch das Feedback der Dozierenden konnten wichtige Erkenntnisse und Optimierungspotenziale für die kontinuierliche Weiterentwicklung des Prototyps gewonnen werden. Das Projektteam wird diese in den nächsten Wochen auswerten und in die nächsten Entwicklungszyklen einfließen lassen. Die nächste Evaluation der VR-Lackierwerkstatt wird im April 2020 mit Auszubildenden aus dem Bereich des Fahrzeuglackierens stattfinden. Ebenso werden Workshops zu den Einsatzszenarien der VR- Lackierwerkstatt und zu weiteren Schwerpunktthemen geplant.
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